"Vollmondnächte lassen mich nicht schlafen"
Zu Gast bei den 19. Weidener Literaturtagen: die Schriftstellerin
Elfi Hartenstein – Teil
VI
Der Neue Tag, 05./06. April 2003
von Stefan Voit
Sind Sie ein romantischer Mensch?
Hartenstein: Absolut. Oder warum sonst lassen mich Vollmondnächte
und maunzende Kater nicht schlafen, finde ich blaue Blumen attraktiver
als Blauhelme?
Gibt es für Sie geografisch oder emotional gesehen ein
Traumland? Etwas wo Sie sich hinflüchten vor der Realität?
Vielleicht durch Ihr Schreiben?
Hartenstein: Bei
den Romantikern hieß es:
"Die Welt muss romantisiert werden". Das halte ich
für ein schwieriges
Unterfangen, aber, vor die Wahl gestellt, eine Geschichte in
"Atlantis" oder in "Moldawien" anzusiedeln, würde
ich mich hundertprozentig gegen Atlantis entscheiden.
Die Epoche der klassischen Romantik von 1795 bis 1835 war alles
andere als eine friedliche, idyllische Zeit, schließlich
tobten die Napoleonischen Kriege durch Europa. Was ist in unseren
Tagen heute eigentlich "romantisch"?
Hartenstein: Genau dasselbe wie damals: der Glaube, die Welt
ließe sich allein durch Ideen verändern.
Gibt es einen Dichter der Romantik, wie Schlegel, Novalis, Hebel,
Hölderlin, oder eine Dichterin wie Bettina von Armin, den
oder die Sie bewundern?
Hartenstein: Amüsant und
beeindruckend finde ich die Fantasie und Ironie E.T.A. Hoffmanns,
mit "Bewunderung" hat
das aber nichts zu tun.
Gibt es in unserer hektischen, unterkühlten, rationalen
Zeit überhaupt noch Raum und Zeit – und vor allem
einen Wortschatz – für Romantik?
Hartenstein: Politikerkreise denken das offensichtlich – sonst
würde man nicht hier und da versuchen, das Volk von der
Ausstellung "Körperwelten" fernzuhalten.
Kann man sich heute als Mensch und Autor überhaupt noch
Gefühle leisten – oder riskiert man nur Enttäuschungen
oder, dass man sich lächerlich macht?
Hartenstein: Lächerlich sind nur unechte Gefühle und
deren schriftliche Derivate.
Sehen Sie sich als "romantische Schriftstellerin"?
Hartenstein: Meine Fantasie wird zwar nicht von der Sehnsucht
nach dem Unendlichen in Gang gesetzt, aber wenn es um fragmentarische
Formen, die Aufhebung der Grenzen zwischen Künsten und Gattungen
sowie die Infragestellung sozialer Konventionen geht, bin ich
dabei.
Haben Sie schon einmal von Weiden oder den hiesigen Literaturtagen
gehört?
Hartenstein: Selbstverständlich, und zwar nicht erst, seitdem
ich in Regensburg lebe.
Was erwarten Sie sich als Gast der 19. Weidener Literaturtage?
Hartenstein: Interessante Begegnungen
und Anregungen. zum
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